Ein Wort, das mich in den letzten Tagen begleitet, ist Achtsamkeit und wenn ich ehrlich bin, gefällt mir Behutsamkeit noch besser. Es ist wie ein Zauberwort, das ich jeden Tag mehr entdecke.
Momentan ist viel los. Die Naturkräfte zeigen uns in ihren seltenen Konstellationen welche Kräfte auf uns einströmen und viele Menschen merken in ihrem Alltag wie herausfordernd das Leben ist.
Ich erlebe gerade, dass mir alte Muster gezeigt werden, die nicht mehr stimmig sind, die mich und meinen Körper geschwächt haben. Es sind alte Prägungen von: du musst, streng dich an, mach mal. Es sind große innere Anspannungen, die unterschwellig dafür gesorgt haben, dass sich der Körper zusammenzieht, verkrampft, erstarrt und mit aller Kraft versucht alles zu schaffen.
Kennst du das machen-müssen, das dich immer wieder aufs Neue antreibt, das dir immer etwas Neues erzählt um dich in Bewegung zu halten? Ich habe das Gefühl, es begleitet mich das ganze Leben und es war bislang nicht einfach, mich dem zu entziehen. Selbst der Wunsch aus diesem alten Machen herauszukommen, ist die alte Weise: ich will es lösen, hinkriegen.
In den letzten Tagen und Wochen spüre ich deutlich die Einladung in mir, genau dahin zu atmen wo es sich immer eng, stressig, hart in mir angefühlt hat. Immer wieder kommt die Aufforderung, so weich zu atmen und auf die Bereiche in meinem Leben zu schauen, wo etwas in mir ganz beharrlich an der alten Richtung festgehalten hat. Es hat sich wie gewohnt total verkrampft und für großen Druck mal im Oberbauch, mal im Brustkorb geführt.
Der Körper ist wie ein Seismograph, der mir eigentlich schon immer gezeigt hat an welchen Stellen ich über seine/ meine Bedürfnisse hinweg gegangen bin, im alten Fahrwasser geschwommen bin mit all den Überzeugungen und Glaubenssätzen was, wo, wie zu sein hat.
Es ist als ob er mir sagt: Es tut mir nicht gut, wenn du weiterhin in dieser ständigen Anspannung bist, die dir sagt was noch alles zu erledigen ist – auch wenn du sie oft nicht bewusst wahrnimmst. Da zieht sich innerlich alles zusammen, läuft auf Sparflamme. In diesen Momenten läufst du „auf dem Zahnfleisch“ weil die Batterie schon längst leer ist.
Der Körper möchte und kann nicht länger gesund und kraftvoll leben in dieser alten Spannung, die wie eine Ritterrüstung war. Er möchte weicher, fließender werden, verbunden mit seiner Lebensenergie, die ihn stärkt, heilt, unterstützt.
Was können wir tun, dieser inneren Spannung zu begegnen?
Es reicht, diese Spannung wahrzunehmen. Das klingt dir vielleicht zu banal?
Es reicht die Bereiche wahrzunehmen in denen sich alles zusammenzieht. Ich kann es wahrnehmen, aber ich muss dieser Spannung nicht folgen – weder der Angst alles nicht zu schaffen, dem Gefühl, alles vorbereiten zu müssen, vorarbeiten zu müssen noch den Gefühlen etwas „tun“ zu müssen um die körperlichen Erfahrungen von Härte, Druck, Anspannung nicht zu fühlen.
Ich darf mich in diesem Augenblick zurück-lehnen und auch wenn ich gerade nur Spannung fühle, kann ich atmen und sie mit jedem Atemzug wahrnehmen.
Statt wie gewohnt das Letzte aus uns heraus zu holen, wie eine Zitrone aus der man die letzten Tropfen herausquetscht, können wir beginnen ganz behutsam unseren Atem dorthin strömen zu lassen wo alles angespannt, hart und eckig ist – behutsam zu all dem, was sich unangenehm anfühlt. In dieser Behutsamkeit liegt eine Einladung da zu sein. Dieses da sein ist ein ja zu allem was sich zeigt.
Vielleicht gefällt dir das Bild von einer Mutter, die achtsam aber voll Vertrauen auf ihr Kind schaut. Sie weiß, es wird den richtigen Weg finden. Es kommt der Tag, da kann es laufen, sich seine Schuhe binden auch wenn es lange Zeit schwierig ist.
All das Unangenehme, die inneren Wiederstände können mit jedem Atemzug weicher werden. Sie beginnen zu schmelzen wie Eis in der Sonne und der Körper spürt, dass er loslassen darf, sich entspannen darf. Da wo alles in uns immer wieder in die falsche Richtung abgebogen ist, kann er sich jetzt für den neuen, liebevollen Weg öffnen. Jeder weiche Atemzug ist ein ja – ein ja zu mehr Achtsamkeit für mich, ein ja zu der Liebe, die jeden von uns an die Hand nehmen und durchs Leben begleiten möchte.